41. Kunstpreis, Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe
Auszug aus der Eröffnungsrede von Prof. Dr. Pia Müller-Tamm, Direktorin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, 2018

Technisch ist ihr Bild durchgängig aus lasierenden Farbschichten aufgebaut, dabei wird die persönliche Handschrift im Prozess der Bildherstellung weitgehend getilgt und die Oberfläche des Bildes gleichsam versiegelt. Es geht hier vor allem um den aus der Vogelperspektive inszenierten Blick auf zwei Motivwelten: die Tennisplätze, die geometrisch exakt und feinsäuberlich gepflegt als flächige Bildstruktur in Erscheinung treten, und die üppigen Baumkronen, die sich voluminös von zwei Seiten ins Bild schieben und ihre Schatten auf den roten Sand werfen.

Dies ist ein veritabler Beitrag zur Landschaftskunst in der Gegenwart, denn es geht hier um die Ränder und Schwellenbereiche des Landschaftsraums, und dies aus der umgekehrten Perspektive. Natur wird von Melanie Siegel als Negationsraum interpretiert, der uns durch die Abwesenheit fast aller Bedingungsfaktoren von Landschaft entgegen tritt. Wir sehen keine Felder, Flüsse und Berge – Naturphänomene, die für die Landschaftserfahrung im eigentlichen Sinn Voraussetzung sind. Es geht vielmehr um Ein- und Ausgrenzungen, um Grenzmarkierungen und Schwellenbereiche, letztlich um die kulturellen und sozialen Einschreibungen, die den Naturraum zu einer vom Menschen gestalteten, ihm unterworfenen Lokalität machen. Diese Fokusverschiebung gelingt Melanie Siegel in ihrem Bild auf einfachste Weise: allein durch Ausschnittbildung und die gezielte Setzung eines Kontrastes – eine in jedem Fall preiswürdige Arbeit.